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Tag 6: Tromsø und die schnellen Teilchen.

Autorenbild: Kai-Michael SchmuckKai-Michael Schmuck


Tag 6 steht an. Heute auf dem Programm: Die Stadtrundfahrt durch Tromsø, das Tor zur Arktis. Eigentlich sollten wir erst um ca. 12:30 Uhr an der Pier im Hafen festmachen. Unglückseligerweise ereignete sich in der Nacht offensichtlich ein medizinischer Notfall, sodass unser Kapitän Engeldrum mit satten 16 Knoten richtig Dampf machte, um frühestmöglich anzukommen und den Notfall ins ansässige Hospital zu übergeben. Also waren wir schon 2 Stunden früher in Tromsø.


Kapitän Engeldrum am Mikrofon mit Durchsagen direkt in jede Kabine. Erst gegen Ende der Reise fand ich heraus, dass man die Lautstärke der vielen Durchsagen, die einen in der Regel morgens ums 6 Uhr aus dem Schlaf rissen, runterdrehen kann.
Kapitän Engeldrum am Mikrofon mit Durchsagen direkt in jede Kabine. Erst gegen Ende der Reise fand ich heraus, dass man die Lautstärke der vielen Durchsagen, die einen in der Regel morgens ums 6 Uhr aus dem Schlaf rissen, runterdrehen kann.

An der Morgenroutine änderte das nichts. Aufstehen, Balkonfoto machen mit Kaffee und der ersten Zigarette. Also fast nichts – denn während Julie ein leichtes Frühstück im Bett einnahm, machte ich mich auf ins Lido Buffetrestaurant. Während des Frühstücks (dicke Bohnen, Rührei, ein Bircher-Müsli und zwei kleine Frikadellen, Kaffee, Feinbrot, Bratwurst (Reihenfolge beliebig)) machte ich mich mit dem Tagesprogramm vertraut. Das Sportprogramm "Fit in den Tag – Morgengymnastik für Frühaufsteher" war glücklicherweise schon vorbei. "Bodystyling - Ganzkörpertraining mit und ohne Kleingeräte" um 9 Uhr war mir hingegen ein Rätsel. Klar, die großen Muskelgruppen eines Körpers mit gezielten Übungen zu straffen und so zu einem wohlgeformten und kräftigen Körper zu verhelfen, scheint mir sinnvoll zu sein. Bedenkt man allerdings, dass das Durchschnittsalter der Passagiere so zwischen 35 und 39 liegt (nicht Alter, sondern Jahrgang!) und die einzigen jüngeren Mitreisenden – die nahezu alle zu unserer Nordkap-Truppe gehören – um diese Zeit noch pennen, halte ich dieses Zeitplanung für sehr ambitioniert. Aber gut.


Da unsere Stadtrundfahrt durch Tromsø erst um 13:30 beginnen sollte und überdies kein weiteres Sportangebot zur Auswahl stand, wollte ich mir den Expertenvortrag von Dr. Peter Habison, seines Zeichens Direktor der historischen Kuffner-Sternwarte in Wien, um 10:00 Uhr auf gar keinen Fall entgehen lassen. Der Vortrag hatte den lustigen Titel "Schnelle Teilchen – Wie aus Sonnenwind das Polarlicht entsteht."


Seien wir doch mal ehrlich: Niemand will wissen, WIE Polarlichter entstehen, sondern WO und WANN man sie sehen kann, Mensch!
Seien wir doch mal ehrlich: Niemand will wissen, WIE Polarlichter entstehen, sondern WO und WANN man sie sehen kann, Mensch!

Ein spannender Vortrag, so wurde er angekündigt, allerdings nicht spannend genug, ihn live im HanseAtrium (Deck 4) zu erleben, sondern live im Fernsehen (Kabine 629, TV-Kanal 4) zu verfolgen. Eine weise Entscheidung, denn ich hatte schon nach zwei Minuten Probleme, die Augen aufzuhalten. Warum? Weil ich Physik im Vorsemester bereits abgewählt hatte. Um ehrlich zu sein, bin ich schon nach dem ersten Satz mental ausgestiegen. Trotzdem möchte ich dem geneigten Leser den Inhalt dieses Vortrages nicht vorenthalten, denn schließlich hat dieser Reiseblog auch einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Deshalb hier für alle, die wissen wollen, wie es sich nun verhält mit den Polarlichtern, eine kurze Zusammenfassung, die es auf den Punkt bringt:

"Polarlichter resultieren aus der nichtlinearen Kopplung solarer Magnetoplasma-Dynamiken mit der Erdmagnetosphäre, wobei feldliniengebundene Partikelpräzipitation in der hochionisierten oberen Atmosphäre zu resonanten Anregungs-Deexzitations-Prozessen führt. Magnetotail-induzierte Rekonnektion generiert impulsive Plasmoid-Ejektionen, die durch Birkeland-Ströme elektrojetartige Driftbewegungen auslösen und so die energetischen Ladungsträger entlang geomagnetischer Feldlinien in die aurorale Ovalstruktur fokussieren. Die spektrale Emission ist durch quantenmechanisch verbotene Übergänge metastabiler Zustände atomarer und molekularer Spezies determiniert und korreliert mit der geomagnetischen Aktivitätsamplitude sowie der interplanetaren Magnetfeldorientierung."

Gern geschehen. Ich habe übrigens nicht gewusst, dass Birkeland-Ströme elektrojetartige Driftbewegungen auslösen können. Das hatte ich wohl vergessen. Dafür war ich in Gemeinschaftskunde ein Ass.

In Tromsø sind die Gehwege und Strassen geheizt? Egal, endlich kamen die Winterschuhe zum Einsatz.
In Tromsø sind die Gehwege und Strassen geheizt? Egal, endlich kamen die Winterschuhe zum Einsatz.

Dann stand der Ausflug an, die Stadtrundfahrt durch Tromsø. Mit mehreren Stopps z.B. beim Polaria-Aquarium mit kurzem Besuch, der Festungsanlage Skansen (nur vorbeigefahren) und der Eismeerkathedrale (reingegangen). Beim Verlassen des Schiffes mussten wir uns wie immer mit unserer Bordkarte auschecken und dann durch die Sicherheitskontrolle draußen am Pier. Alles war wie immer eingezäunt wie ein Hochsicherheitstrakt. Logisch, niemand will, das Krethi und Plethi aufs Schiff kommen und uns die selbstgebackenen Waffeln wegessen. (Bildungsauftrag 2: Die Redensart „Krethi und Plethi“ stammt aus der Bibel (Altes Testament) und bezeichnete ursprünglich die Leibwache von König David. Die Namen leiten sich von den Kretern („Krethi“) und Pelethern („Plethi“) ab, die vermutlich fremde Söldner waren. Heute bedeutet der Ausdruck „allerlei Leute“ oder „das gewöhnliche Volk“, oft mit einer leicht abwertenden Note. Das die in der Regel hungrig waren, davon ist allerdings nichts überliefert). Unten standen wie immer Wachen, zwei kräftige junge Männer, denen man durchaus zutrauen konnte, Katapulte mühelos nach Gondor zu ziehen. Ich fühlte mich also mehr als sicher, hatte aber Angst, meinen Ausweis zu verlieren und nicht mehr aufs Schiff zu kommen – allein schon wegen der selbstgebackenen Waffeln eine Katastrophe.

Die sehenswerte Architektur des Polaria-Aquarium soll zusammengeschobene Eischollen darstellen. Ein moderner Ansatz, wenn man bedenkt, dass die Geschichte der Stadt etwa 11.000 (!!) Jahre zurückreicht.
Die sehenswerte Architektur des Polaria-Aquarium soll zusammengeschobene Eischollen darstellen. Ein moderner Ansatz, wenn man bedenkt, dass die Geschichte der Stadt etwa 11.000 (!!) Jahre zurückreicht.
Die Eismeerkathedrale ist das Wahrzeichen der Stadt Tromsø und bietet Platz für 600 Menschen. Leider war es schon dunkel und man konnte eines der größten Glasmosaikfenster Europas nicht bewundern. Ich stelle fest: Wie gesagt, mit dem Timing hat man es nicht so drauf.
Die Eismeerkathedrale ist das Wahrzeichen der Stadt Tromsø und bietet Platz für 600 Menschen. Leider war es schon dunkel und man konnte eines der größten Glasmosaikfenster Europas nicht bewundern. Ich stelle fest: Wie gesagt, mit dem Timing hat man es nicht so drauf.
Immer online: Der Meister des unverbrauchten Datenvolumens.
Immer online: Der Meister des unverbrauchten Datenvolumens.

Zum Abschluss der Rundfahrt stand die Seilbahnfahrt auf den Storsteinen an, den höchsten Berg (420m) der Gegend. Auf die Idee, den herrlichen Ausblick von da oben zu genießen, sind wir allerdings nicht allein gekommen. Mit uns wollten gefühlt 3.000 andere Touristen auch da rauf, was die ganze Sache insofern spannend machte, als dass wir nicht nur das Problem hatten, hinauf- sondern vor allem auch wieder herunterzukommen. Es war so rammelvoll da oben, dass ich etwas nervös wurde, denn das Schiff sollte um 19 Uhr wieder ablegen. Unser Guide allerdings war wirklich klasse. Denn obwohl alle Nordkap-Fahrer der HANSEATIC Spirit über das Gelände verstreut waren, hat sie uns in hartem Kasernenton zusammengetrieben und schnell und direkt zur Abfahrt der Seilbahn getrieben. So macht man das. So schnell wären wir sonst nur mit dem Helikopter unten angekommen.


Ich gebe zu: Der Ausblick vom Storsteinen war beeindruckend.
Ich gebe zu: Der Ausblick vom Storsteinen war beeindruckend.
Heisser Tipp unseres Guides: leckerster Glühwein in der kleinsten Bar von Tromsø. Offensichtlich hatte sie diesen Tipp auch an alle anderen weitergegeben. Die Warteschlange was beeindruckend.
Heisser Tipp unseres Guides: leckerster Glühwein in der kleinsten Bar von Tromsø. Offensichtlich hatte sie diesen Tipp auch an alle anderen weitergegeben. Die Warteschlange was beeindruckend.

Deshalb hatten wir noch Zeit für eine kleine private Stadttour. Und ja, es stimmt: In Tromsø werden die Straßen und Gehsteige geheizt! Wirklich war. Zusammen mit Christian und Julie schlenderten wir durch die Einkaufsstraßen, auf der Suche nach dem weltbesten Glühwein, den uns unser Guide empfohlen hatte. Wir haben in deshalb auslassen müssen. Dafür konnte ich Julie und Christian nicht davon abhalten, die netten Souvenirshops der Hauptstraße zu besuchen – und Sachen zu kaufen, die man so braucht. (Handschuhe).




Wow, ein Schlitten. Aber Julie meinte, mit dem Ding würden wir nie an den Schiffswachen vorbeigekommen. Ich glaube aber, die hätten das Teil mühelos in unsere Kabine verbracht. Mist.
Wow, ein Schlitten. Aber Julie meinte, mit dem Ding würden wir nie an den Schiffswachen vorbeigekommen. Ich glaube aber, die hätten das Teil mühelos in unsere Kabine verbracht. Mist.
Ja, manchmal ist es so einfach, Menschen glücklich zu machen – selbst wenn man dazu zur Fuß durch die Stadt muss.
Ja, manchmal ist es so einfach, Menschen glücklich zu machen – selbst wenn man dazu zur Fuß durch die Stadt muss.
Unser Reisefotograf Philip. Die beiden anderen? Keine Ahnung.
Unser Reisefotograf Philip. Die beiden anderen? Keine Ahnung.
Wer so zeichnet, der muss keine Fotos machen.
Wer so zeichnet, der muss keine Fotos machen.

Dann ging es zurück zum Schiff, wo wir wie immer freundlich mit einem Ingwer-Tee und einen warmen, weißen Waschlappen empfangen wurden. Kätzle, Lisi, Dorti und Philip waren bereits an Bord und schienen sehr viel Spaß gehabt zu haben. Lotta und Moni auch, die auf einer Schneeschuhwanderung waren. Respekt. Ami und Didi machten in Kultur, genauer gesagt in samischer Kultur. Sie besuchten eine Sami-Camp und machten sich nicht nur mit den Traditionen dieser Kultur vertraut, sondern auch mit Rentierschlitten, Rentierfüttern, Rentiereintopf, Rentierfellen, 300 Rentieren und ebenso vielen Touristen. Fazit: Beide fanden den Ausflug erstaunlicherweise "touristisch" – aber die Samin namens Inger war nett.


Auch Lotta ist fündig geworden: Kleine Marshmallow-Bärchen, satt mit Schokolade überzogen. Meine Mutter hätte mir den Verzehr verboten. Aber der Name ist Weltklasse!
Auch Lotta ist fündig geworden: Kleine Marshmallow-Bärchen, satt mit Schokolade überzogen. Meine Mutter hätte mir den Verzehr verboten. Aber der Name ist Weltklasse!

An Bord dann ein kleiner Snack in der OBS, spontane Jacuzzi-Verabredungen (Lotta & Julie) und verspäteter Mittagsschlaf ("Mitti") für den Rest der Mitreisenden. Danach folgte wie immer die Abendroutine – duschen, anziehen fürs Lido- und fein anziehen für das Hanseatic-Restaurant, Abendpralinen, Raucher-Lounge mit Absacker – und ab ins Bett. Denn morgen erreichen wir das Nordkap und 175 nautische Seemeilen lagen vor uns – und vor Philip, der sich vorsichthalber schon mal die Schläfen rieb.

Da wir morgen erst die Nachmittagstour zum Nordkap gebucht hatten (im Dunkeln) und wir überdies noch Guthaben auf unserem "Landgangkonto" hatten, hat Julie noch völlig wahllos "LA041 - Verkostung von Königskrabben" nachgebucht. Hätte ich gewusst, was für ein Massaker mich da erwartet, ich hätte die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Aber dazu später mehr.


Übrigens: Susanne hat die ganze Nordkap-Tour in einem selbstgemalten Bildbandtagebuch festgehalten. Wunderbar detailliert, muss man sich ansehen. Klasse, Ami!
Übrigens: Susanne hat die ganze Nordkap-Tour in einem selbstgemalten Bildbandtagebuch festgehalten. Wunderbar detailliert, muss man sich ansehen. Klasse, Ami!



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