Gerade neulich gab es wieder so eine unglaubliche Story. Es ging um Apple in der Dauerfehde mit Samsung. Samsung, just im Rechtsstreit unterlegen und zu 1.05 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verdonnert, hat sich als Zahlungsweise mal einen richtigen Stunt einfallen lassen und die Kohle in 30 Trucks voller 5 Cent Münzen direkt an Apple geliefert. Insgesamt sollen 21 Milliarden Münzen an Apple gezahlt worden sein. Möglich deshalb, weil in dem Urteil nicht genauer spezifiziert wurde, wieman das Geld an Apple zu zahlen hätte. Und dann hat man es eben so gemacht. Ist ja auch naheliegend.
Die Geschichte wurde über mehrere Blogs und über die sozialen Netzwerke verbreitet. Und schwupps, war es bei mir in Facebook. Gepostet übrigens von einem sehr guten Freund, der sonst nicht gleich jedem Gerücht aufsitzt.
Nun fragt man sich natürlich, warum wir so eine Geschichte überhaupt glauben. Denn natürlich ist sie nicht wahr. Und wenn wir nur ein bisschen nachdenken würden bei dem, was wir so alles konsumieren, dann hätte es gleich auffliegen müssen, wie ich lesen und nachrechnen durfte: Um eine Milliarde in 5 Cent Münzen zu bezahlen, bräuchte man ca. 20 Milliarden Münzen. Und da eine 5 US-Cent Münze überraschender Weise exakt 5 Gramm wiegt, kommt man nach Adam Riese auf insgesamt auf 100 Millionen Kilogramm oder 100.000 Tonnen. Nimmt man nun mal einen wirklich großen Truck zur Hilfe, der vielleicht 40 Tonnen transportieren kann, dann standen da keine 30, sondern mindestens 2.500 Trucks vor Apples Toren. 2.500 Trucks, die nebenbei bemerkt bei einer Länge von nur jeweils 18 m aneinandergereiht auf eine Gesamtlänge von 45 km kommen. Gut, 45 km Stau kann einen Hamburger wie mich nun nicht abschrecken, denn den haben wir ja tagtäglich vor dem Elbtunnel. Aber trotzdem: Respekt!
Da wiegt die Tatsache, dass Samsung, um diesen Deal durchzuziehen, insgesamt mehr als einem Drittel aller jemals produzierten 5-Cent-Münzen (von 55,6 Mrd Münzen immerhin) hätte habhaft werden müssen, wie ein unwichtiges Detail. Ich glaube, ich (und mit mir viele andere) habe die Story deshalb geglaubt, weil ich die Idee, die ganze Kohle mit der Hand zu zählen, ganz charmant fand.
Bei dem ganzen Streit, das wollen wir nicht vergessen, geht es um den Schutz geistigen Eigentums. Viele sagen ja, dass man bestimmte Sachen nicht schützen lassen könnte, nur weil einer sie zuerst gedacht hat. In diesem Falle geht es u.a. darum, ob die Idee, dass man einen Bildschirm mit dem Finger bedient, schützenswert ist oder eben nicht. Das halte ich für eine sehr romantisch geführte Diskussion, denn es geht eben nicht darum, dass man es macht, sondern wie man es macht. Und hinter dieser »einfachen« Idee stecken gefühlte 200 Patente, die Apple angemeldet hat. Es geht um Technologie, um Forschung, um Entwicklung, um schlaflose Nächte und viel Pizza. Sehr viel Pizza. So entstehen neue Technologien und neue Innovationen. Man nennt das Fortschritt. Ein kluger Kopf hat einmal gesagt, dass ohne Fortschritt wir uns alle heute noch mit Knüppeln auf den Kopf hauen würden. Und ich denke, da hatte ich Recht.
Aber zurück zu Apple vs. Samsung. In einem neuen Rechtsstreit,der jüngst in Den Haag eröffnet wurde (logisch, wo auch sonst, schließlich ist hier Samsungs europäisches Vertriebszentrum beheimatet. Die Holländer haben aber auch sowas von Glück!), geht es nun um eine Technologie namens »Touch-Event-Modell«, mit dem bei Apple Multitouch-Eingaben geregelt werden. Diese Technologie sorgt dafür, dass das System in bestimmten Fällen die ungewollte gleichzeitige Ausführung von mehreren Eingaben verhindert (wie auch immer sie das anstellt). Ich bin nun wahrlich kein Techniker, aber ich denke, ohne sowas würde man einen Touchscreen motorisch so geschickt wie der Unglaubliche Hulk mit Ofenhandschuhen bedienen. Und das will man ja auch nicht wirklich.
Geradezu witzig fand ich übrigens die Reaktion der Samsung-Anwälte, die auf diese Klage erstaunlicherweise erwiderten, dass die Multitouch-Technologie bei Samsungs Android-Geräten schlechter gelöst worden sei, darum nicht mit dem Apple System vergleichbar wäre – und deshalb auch keine Verletzung geistigen Eigentums vorliegen würde. Klingt irgendwie logisch, ich denke aber, dass sich Samsungs PR-Abteilung persönlich um diese Anwälte »kümmern« wird.
Ich glaube übrigens, Samsung hat den Schadensersatz noch nicht geleistet. Aber wenn Sie es tun, ist es wohl unerheblich, wie sie es tun. Meine Oma (98) meinte neulich, dass die eh nur einmal »Klick« machen, und dann ist die Milliarde futsch. Das würden die Banken ja schließlich auch so machen.
Stimmt, Oma, aber die kriegen die Kohle ja dann wieder zurück, … irgendwie.
Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich nicht andauernd in schallendes Gelächter ausbrechen muss. Ehrlich.
Es grüßt ernst
Kai-Michael Schmuck
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