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AutorenbildKai-Michael Schmuck

Social Media, Kundenparkplatz, Sockenpuppen oder: Wie man auf sicher eine Präsentation versaut.


Es gibt viele Gründe, warum eine brillante Idee auf dem Friedhof landet – und nicht auf der Umschlagseite des STERN.

Wie auch immer, ich war also im süddeutschen Raum unterwegs, um einen Neukunden zu besuchen. Anfrage lautete: «Bitte einmal alles neu, Herr Schmuck!«, einen Satz, den man zwar selten, aber doch gerne hört. Normalerweise gehen bei mir ja dann alle Alarmglocken an und ich antworte mit einer PowerPoint-Schlacht nicht unter 50 Folien gefolgt von einer Kostenkalkulation, gegen die sich Stuttgart 21wie der Bau eines Standard-Kinderspielplatzes ausnimmt (Rutsche, Schaukel, Sandkiste). Aber diesmal hatte ich das untrügliche Gefühl: «Schmuck, da geht was!«


Und siehe, mein Gefühl hat mich, wie schon so oft, in die Irre geführt.


Jeder, der Präsentationen machen muss, um Kunden von was auch immer zu überzeugen, weiß: Eine Präsentation beginnt nicht erst, wenn man den Besprechungsraum betritt und Visitenkarten tauscht (hier eine kleine Anmerkung: Visitenkarten lesen und offen auf den Tisch legen. Nicht rollen, um sich damit die Fingernägel zu reinigen!), sondern schon viel früher – auf dem Kundenparkplatz. Ich erinnere, dass ich einmal auf einem solchen mein Auto parken wollte, und gerade als ich in eine der wenigen Parklücken zurückstoßen wollte … schwupps, war einer schneller und stellte sein Auto genau da ab.


Es gibt Präsentationen, die enden bereits auf dem Kundenparkplatz. Ich weiß, wovon ich spreche ...

Ich war – wer mich kennt, weiß das – die Ruhe selbst, stieg aus, schlenderte zur Wagentür des gemeinen Parkplatzdiebes, die sich gerade öffnete, damit ich ihm ein leises: «Nächstes Mal schieb ich deine lausige Dreckskarre persönlich in den Gully.« zuraunen konnte. Nun, der geneigte Leser wird es ahnen, es gab kein nächstes Mal. Der hinterhältige Parkplatzklauer entpuppte sich als der Marketingleiter des Unternehmens, das ich mit kreativen Ideen beglücken wollte. Die Präsentation war eine der kürzesten, die ich jemals hatte. Um genau zu sein, gab es gar keine.


Seitdem reise ich zu solchen Gelegenheiten grundsätzlich mit der Bahn an.


Doch das nur nebenbei, zurück zum Thema. Natürlich war die Präsentation mit den von uns erarbeiteten Cannes-verdächtigen Ideen als solche eine Sensation. Wahrscheinlich, weil wir so flexibel sind. Präsentieren wir z. B. vor Menschen, die … nun sagen wir mal ... eher zur jungen Generation der Draufgänger und Pioniere in Sachen Marketing gehört, fackeln wir eine Multimediashow ab, die sich gewaschen hat. Und natürlich fallen Begriffe wie Social Media Marketing, Emotional Resonance, Brand Management und Conversion Rate – ganz gleich in welcher Reihenfolge. Ich habe festgestellt: Allein mit dem Begriff Social Media Marketing liegt man immer richtig. Ich gebe zu, es hilft, wenn man eine vage Vorstellung davon hat, was das ist und wozu das gut sein soll (… und nein, es reicht nicht, wenn man nur ein Facebook-Account hat!) – aber fehlen darf das Wort auf keinen Fall.


Es ist einfacher, mit Sockenpuppen ein Euripides-Stück nachzuspielen als eine komplette Marketingkampagne. Das soll hier nur noch mal erwähnt werden ...

Diesmal jedoch hatten wir es mit einem älteren Semester zu tun, der Marketing immer noch Werbung nennt und Brand Management mit «Marke machen« übersetzt. Da helfen Buzzwords wenig. Hier muss man besonders kreativ sein und kann all das Geblinke auf dem Beamer weglassen. Marketingleiter von altem Schrot und Korn sind doch eher analog drauf, da muss man sich was einfallen lassen. Aus diesem Grund (und vor allem, weil ich das immer schon mal machen wollte) entschieden wir uns, alle Entwürfe auf Pappen zu kleben und die gesamte Marketingkampagne mit süssen selbstgebastelten Sockenpuppen live nachzuspielen. (Diese grandiose Idee kam mir, als ich neulich in der Vorschule meines jüngsten Sohnes der interessanten Aufführung eines Euripides-Stückes mit eben jenen Sockenpuppen beiwohnen durfte. Ok, wir haben meinen Sohn dann gleich an einer weiterführenden Schule angemeldet.)


Um es kurz zu machen: Sockenpuppen sind nicht der Bringer. Ich meine, wir haben viel gelacht und gescherzt. Vor allem, als ich dann die Kalkulation an die Wand warf, wollte das Lachen kein Ende nehmen. Letztendlich haben wir uns dann auf ein kleines Post-Mailing (das Zeug, das wir alle jeden Tag ungeöffnet in die Tonne kloppen!) an eine noch viel kleinere Zielgruppe (so klein, dass ich vorschlug, das Mailing doch einfach persönlich bei den 21 Adressen vorbeizubringen) geeinigt. Die Pappen durfte ich wieder mitnehmen, nur die Sockenpuppen sollte ich dort lassen. Wahrscheinlich wollte der alte Herr damit zuhause seine Kriegserlebnisse aus dem Kessel von Cherkassy(1943, da war meine Oma (96) gerade mal 14 Jahre alt) nachspielen. Oder ihm war einfach nur kalt.


Fazit:Manchmal sollte man eine kreative Präsentationsidee einfach an sich vorbeiziehen lassen. Und wenn man der Aufforderung «Bitte einmal alles neu, Herr Schmuck!« nicht widerstehen kann, dann sollte man seinen potentiellen Neukunden nicht mit Zahlen langweilen – das schreckt nur unnötig ab.


Es winkt mit der Sockenpuppe

Kai-M. Schmuck


PS: Heißt es wiederstehen oder widerstehen?? Habe das gerade mal «gegoogled« und bin als erstes Suchergebnis im Forum von gofeminin.de beim Thema «Selbst anfassen vor dem Sex« gelandet. Ich glaube, ich sollte wirklich mal wegfahren …

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