

Zack! Aufgewacht, und schon sind wir in Norwegen. Genauer gesagt in Bergen, ehemalige Hauptstadt Norwegens, Tor zu den Fjorden und zweitgrößte Stadt des Landes, bekannt für ihre historischen Sehenswürdigkeiten, darunter das UNESCO-Weltkulturerbe Bryggen. Wir hatten den Landgang namens "Spaziergang durch Bryggen" (LA 011) B um 13 Uhr gebucht, also zu Fuß sozusagen. Ich hätte zwar lieber den Landgang L014 gebucht, aber Julie meinte, die frische Luft würde mir gut tun, außerdem kann sie E-Busse nicht ausstehen.
Aber erstmal frühstücken, immerhin haben wir in den letzten 9 Stunden nichts mehr gegessen. Es ist mir schleierhaft, warum wir es nie schaffen, das üppige Frühstück im Buffet-Restaurant Lido einzunehmen. Wachen wir zu spät auf? Nein. Ich nehme an, es liegt daran, dass Julie jeden Morgen zuerst ein paar Bahnen schwimmen muss (Deck 8). Und das Lido schließt um 10 Uhr. Für die Morgenplanung zu ambitioniert. Also dann eben im OBS, das macht erst um 12:30 zu. Ich hasse Schwimmen!

Nach dem Frühstück kurz rauchen auf dem Pool Deck, mehrere Male die sofort angebotene "heiße Bouillon" freundlich ablehnen und dann ab in die Kabine, fertig machen für den Landgang. Draußen erwartete uns die Guest Relationship Managerin der Reise und teilte uns einer Gruppe zu (mit dabei Ami, Didi, Dorti, Lisi und Philip) und übergab uns dem ortsansässigen Guide, einer jungen Studentin, die seit mehreren Jahren in Bergen lebt, kein Fleisch isst (O-Ton: "Ich dachte, ich muss hier verhungern!") und sich offensichtlich gut auskennt. Über drei Stunden ging es dann durch Bergen mit allerhand amüsanten historischen Anekdoten über die Stadt, seine Shenswürdigkeiten und seine Bewohner. Einer davon war König Magnus VI. Håkonsson Lagabøte, der seine Heirat mit Königin Ingeborg Eriksdatter von Dänemark nicht in irgendeiner windigen und leicht entzündlichen Holzbude feiern wollte, sondern dafür extra die Håkonhalle in der Bergenhus-Festung hat bauen lassen. Das ist nur konsequent, wenn man bedenkt, dass Bergen im Laufe der Jahrhunderte ein ums andere Mal komplett abgebrannt ist und immer wieder neu aufgebaut werden musste. Warum die dann immer wieder Holzhäuser gebaut haben, bleibt mir ein Rätsel.



Was ich nicht wusste, war die Tatsache, dass Bergen im 15. Jahrhundert zu Hanse gehörte. Gehandelt wurde vornehmlich mit Stockfisch. Also Fisch, der ausgenommen und ohne Kopf am Stock über mehrere Monate ohne Kühlung nur an der Luft getrocknet wurde, bis er steinhart war – ein Verfahren, dass KANZOWs Qualitätsnazi Julie niemals zulassen würde. Aber damals gings. Der so behandelte Fisch (meist Kabeljau bzw. Dorsch) wurde so auf ewig haltbar gemacht. Wie ich später erfuhr, musste man den Stockfisch einfach nur mehrere Tage im Wasser baden – und Schwupps - wurde daraus wieder ein leckerer Snack für unterwegs, mit allen Vitaminen und Nährstoffen, die man von einem Dorsch erwartet. Und er riecht auch wieder wie ein Fisch. Ok, wer's mag – guten Appetit.

Demnach waren in Bergen ab 1408 eine ganze Reihe von deutschen Kaufleuten ansässig, die sich nicht besonders umgänglich zeigten. Mal abgesehen davon, dass sie 1408 die Marienkirche als eigene Kirche annektierten, sie bestimmten auch, dass auf der linken Seite der Bucht nur deutsche Kaufleute wohnen durften und der Rest einfach auf die andere Seite der Bucht verbannt wurde. Nicht besonders nett. Gut, irgendwann waren die Deutschen wieder weg, sind dann aber nochmal wiedergekommen. Besser benommen haben sie sich dann allerdings auch nicht. Leider.
Dann kamen wir zu dem wohl bekanntesten Wahrzeichen der Stadt: das UNESCO-Weltkulturerbe Bryggen. Die bunten Holzhäuser am Hafen stammen aus der Hansezeit und beherbergen heute Museen, Boutiquen und Cafés. Das Museum haben wir besucht, die Cafés nicht.


Langsam wurde ich müde und wollte zurück zum Schiff, meine Hüften machten sich bemerkbar, die Schuhe drückten und ich wurde kurzatmig. Außerdem warteten auf mich auf dem Pooldeck frisch gebackene Waffeln und hausgemachtes Softeis (Geschmack: Aperol). Aber da hatte ich die Rechnung ohne Dorti gemacht, die geradezu beseelt war von dem Gedanken, mit der Fløibanen (Seilbahn) auf die Aussichtsplattform des Fløyen (Berg) zu gondeln. Und weil ich den Weg zurück zum Schiff alleine nicht gefunden hätte, musste ich mit. Aber es hat sich gelohnt. Der Ausblick von da oben war einzigartig (siehe Bild oben). Es stellte sich allerdings heraus, dass wir ziemlich spät dran waren und das kleine Restaurant oben, in dem mir als Ersatz für die entgangenen frisch gebackenen Waffeln die leckersten Zimtschnecken Norwegens und ein heißer Kakao versprochen wurden, dabei war, zu schließen. Eine hab ich noch abbekommen, aber beim Herunterstürzen des kochend heißen Kakaos habe ich mir fast die Zunge verbrannt. Zudem hat mich die Kellnerin, die fingertrommelnd neben dem Tisch stand, ein bisschen nervös gemacht. Aber gut.

Abfahrt und zurück zum Schiff, das um um 18 Uhr ablegen wollte. Der Abend war wunderbar, schnell frisch machen, das HANSEATIC Restaurant ("Das Abendessen wird serviert.") erwartete uns. Nach Einnahme des vorzüglichen Menüs, in deren Pausen regelmäßig die Raucherlounge aufgesucht wurde, fieberte ich der Ausgabe der umfänglichen Pralinenauswahl (heute: Champagnertrüffel, Marzipan-Pistazie und Whiskybohne) entgegen – wie übrigens jeden Abend. Die Unterhaltungsmusik mit unserem Entertainer Andreas Thust (Gitarre) im HanseAtrium (Deck 4) oder die Pianomusik zum Tagesausklang mit unserem Ozeanpianisten (was immer das ist!?) Alexander Gorlenko (OBS, Deck 8) haben wir ausgelassen – die Raucherlounge war einfach zu einladend. Überdies rief unsere Kabine mit aufgeschlagener Decke, den Anweisungen für den nächsten Tag und der Tagesschau in der Mediathek. Wunderbar.
Nächster Stopp – Ålesund, 184 nautische Meilen entfernt. Na, dann gute Nacht.
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